FIFA 13: Interview mit Lead Producer David Rutter
Die Kollegen von iamgamer haben sich mit dem Lead Producer von FIFA 13 unterhalten. Lesenswert!
Das FIFA-Franchise gehört, wie viele andere Sportspiele auch, zu den jährlich erscheinenden Titeln. Viele halten dieses Vorgehen für pure Geldmacherei, doch EA Sports baut jedes Jahr neue Funktionen und Spielmechaniken ein, um das alte Spielerlebnis wieder aufzufrischen. So auch in diesem Jahr mit FIFA 13, das wohl den größten Sprung im bisherigen FIFA-Lebenslauf machen wird. Sei es die neue Attacking Intelligence, 1 st Touch Ball Control oder das Complete Dribbling, man merkt deutlich, dass FIFA 13 in diesem Jahr mehr als nur ein paar kleine Verbesserungen bewilligt bekommen soll. Wir haben Lead Producer David Rutter auf den Zahn gefühlt und mit ihm über die neuen Features gesprochen.
iamgamer: FIFA 12 brach so ziemlich jeden Verkaufsrekord, den es zu brechen gab. Wie fühlt man sich als Entwickler, wenn sich das eigene Spiel millionenfach verkauft? Ist es eher eine Last, da der Druck steigt oder überwiegt der Stolz?
David Rutter: Ich würde sagen wir sind stolz, denn es ist ein riesiger Erfolg für das gesamte Team, jedes Jahr diese unglaublichen Videospiele auf den Markt bringen zu können. Die Spieler kaufen FIFA nicht nur, sondern erfreuen sich daran das ganze Jahr. Es macht uns auch sehr glücklich, wenn wir sehen, dass die Spieler so viel Zeit in unsere Spiele investieren, es mögen und wir dann auch noch gute Reviews erhalten. Das spricht für die Qualität der Spiele und wir sind zufrieden, oder besser gesagt sehr zufrieden, mit der Tatsache, dass wir es immer wieder schaffen hoch qualitative Spiele zu entwickeln, egal wie oft sie sich verkaufen mögen.
iamgamer: Mit FIFA 12 wolltet ihr das Fußballgenre revolutionieren, die Neuerungen von FIFA 13 klingen jedoch eher wie eine Revolution, auch wenn ihr ein paar Features, die in FIFA 12 zu sehen waren, wieder eingefügt und weiter verbessert habt. War FIFA 12 eher die Vorbereitung auf die Revolution in FIFA 13?
David Rutter: Wenn wir uns die Features vom letzten Jahr ansehen, ganz besonders die Player Impact Engine, dann war das eine große Veränderung für das Spiel und eine Revolution im technischen Bereich. Wir wollten damit die unzähligen Möglichkeiten in der Animation- sowie Kollisionsabfragen zeigen, wie zum Beispiel die Geschmeidigkeit in der Bewegung, die sehr gut aussah und dazu noch sehr dynamisch und realistisch wirkte. Aber dieses Feature verändert nicht wirklich die Spielmechanik, sondern ließ FIFA einfach nur fantastisch aussehen. Dieses Jahr führen wir eine ganze Reihe neuer Features ein, die das Spiel auch wirklich im Gameplay verändern.
Das ist für mich aber genau so wichtig ist, wie die Einführung der Player Impact Engine im letzten Jahr. FIFA 12 war somit eine Revolution im technischen Bereich, wohingegen wir dieses Jahr die Revolution im Bereich des Gameplays haben. Und wie ihr ja bereits gesehen habt, haben diese Veränderungen einen großen Einfluss auf das Spielgeschehen und sind mindestens genau so interessant, wenn nicht sogar interessanter, als die Veränderungen im letzten Jahr.
iamgamer: War dies von vorneherein der Plan, letztes Jahr überwiegend die Technik zu verändern und dieses Jahr erst die Features einzuführen?
David Rutter: Als wir auf FIFA 12 zurückblickten und versucht haben herauszufinden, was wir verändern wollen, fielen uns sofort zwei Sachen ein. Als aller erstes wollten wir das Gefühl der spielerischen Freiheit, im Bereich des kreativen Attackierens, vermitteln. Die Mitspieler in eurem Team sollten die Fähigkeit haben, sich mehr auf den Angriff zu konzentrieren und mitdenken. In FIFA 12 hatte der Spieler zwar mehr Zeit mit dem Ball verbracht, bekam jedoch kaum Unterstützung von der künstlichen Intelligenz, wenn er einen Angriff startete oder nicht soviel wie gewollt. Die zweite Veränderung sollte die Player Impact Engine betreffen, die wir bereits letztes Jahr eingeführt haben, die jedoch viel mehr zu bieten hatte, als nur schön auszusehen. Mit ihr ist es uns dieses Jahr möglich, die Features wie, Push-Pull- sowie die 1st-Touch-Ball-Controll-Mechanik einzuführen.
FIFA 13 - Interview
Das wären die beiden Kernpunkte, auf die wir uns dieses Jahr konzentriert haben. Wir wollen mit FIFA 13 zeigen, wie unvorhersehbar Fußball sein kann, was sogar die Ereignisse der letzten Wochen beweisen. Wir hätten uns wirklich keine bessere Unterstützung für unsere Ideen vorstellen können. Egal ob Premier League, Champions League oder die französische Liga, wo vor ein paar Tagen die Saison endete, überall passieren verrückte Sachen. Das sind diese unglaublichen Momente, die zeigen wie unvorhersehbar und spannend Fußball wirklich sein kann. Diese Momente wollen wir dieses Jahr in unser Spiel einbauen.
iamgamer: Die Attacking Intelligence ist in FIFA 13 eine der größten Neuerungen. Wie genau funktioniert dieses Feature und wie wolltet ihr es schaffen, dass die KI realistischer wird, ohne dabei dem Spieler die Arbeit abzunehmen?
David Rutter: Wir haben uns angesehen wie echte Fußballspieler ihren Job machen und haben die KI durch diese Informationen kreiert. Wenn wir uns zum Beispiel Spieler ansehen, die gerade angreifen, wissen sie genau, wohin sie rennen und wieso sie dahin rennen wollen, weil es eben darum geht, Tore zu schießen. In den vorherigen FIFA-Spielen, änderte die KI zu oft ihre Meinung und irrte teils planlos umher. Sie rannten zu einer Position, was dazu führte das die Spieler um den anderen Spieler herum, auch ihre Positionen änderten. Dass alles führte zur Unentschlossenheit bei den Sprints und Attacken.
Wir wollten eine entschlossene KI, die mitdenkt und ich bin mir sicher, das wir haben es dieses Jahr geschafft haben. Ein weiterer Teil der Attacking Intelligence, ist die Vorbereitung für einen Angriff. Wenn sich ein Spieler auf einer Seite des Spielfelds bewegt, sollte er verschiedene Signale geben, die zeigen, dass er bereit ist, einen Ball entgegen zu nehmen. Die KI wird auch die Fähigkeit haben, mehrere Spielzüge nach vorne zu denken und sich dadurch schon mal in eine gute Position zu bringen, um den Ball anzunehmen. Das ist ein großer Teil der Attacking Intelligence, auf den wir uns konzentriert haben. Dazu gehören aber auch unterstützende Spielzüge und sogenannte Off-the-Ball-Runs die das Gefühl vermitteln ein echtes Team an seiner Seite zu haben und nicht nur stumpfe KI-Kameraden.
iamgamer: Und wo wir schon bei neuen Features sind, kommen wir doch gleich mal zum Complete Dribbling, bei dem ihr den Spieler noch mehr kreative Kontrolle gebt. Werden durch dieses Feature eher Profis angesprochen?
David Rutter: Es ist nicht nur für Profis, da diese Möglichkeiten jeder Spieler haben wird. Und mit jedem Spieler meine ich auch FIFA-Neulinge. Die Idee hinter diesem Feature ist ganz einfach. Echte Fußballspieler ändern ihre Richtung oft, wenn sie am Ball sind, und versuchen den Gegenspieler auszutricksen. In FIFA 12 war es zwar auch schon möglich die Richtung zu ändern und seitlich zu laufen, jedoch wollten wir diese Funktion in FIFA 13 erweitern. Nun kann man sich seitlich oder diagonal zum Ball zu bewegen und trotzdem die Richtung beibehalten, in die man sich bewegen möchte. Diese Funktion schaltet sich automatisch ein, wenn die KI es für richtig hält, man muss keine extra Knöpfe drücken.
Wir geben dem Spieler auch die Möglichkeit den Ball von einem Fuß auf der anderen zu legen, in dem man den linken Analog-Stick leicht hin und her bewegt. Wenn der Spieler die Complete-Dribbling-Funktion jedoch benutzen möchte, wann er will, benötigt er nur die beiden Trigger-Buttons zu betätigen. Es macht wirklich einen riesen Spaß diese Funktion im Spiel zu benutzen und man wird dadurch nur belohnt. Es fühlt sich so an als sei man ein Fußball-Superstar. Genau das wollten wir verwirklichen, den Spielern diese Freiheit und Kreativität während ihrer Angriffe geben, das ist ein großer Teil des Spiels in diesem Jahr.
iamgamer: Und wie geht ihr mit der Problematik um, dass in FIFA 12 bestimmte Tricks in 9 von 10 Fällen bei einer Bot-Abwehr immer zum Elfmeter führten?
David Rutter: Daran haben wir dieses Jahr auch hart gearbeitet. Wenn du ein Foul begehst, begehst du eben ein Foul. Wenn jemand mit einem Trick versucht ein Freistoß herbeizurufen, dann ist es nur realistisch. Das machen auch echte Fußballspieler. Die größte Veränderung im Bereich der taktischen Verteidigung in diesem Jahr ist, das man darauf warten muss, bis ein Spieler einen Fehler macht und sich nicht damit überanstrengt, einen Elfmeter zu provozieren. Worauf ich sehr stolz bin, ist die Tatsache, dass 90 Prozent der Spieler das Tactical-Defending-Feature benutzen. Nur sehr wenig Spieler kehrten zum alten Verteidigungssystem zurück.
iamgamer: Mit Tactical Free Kicks soll man die Möglichkeit haben, ganz individuelle Freistoßvarianten zu erstellen. Wie funktioniert dies genau und kann man diese Freistöße dann auch in Onlinespielen verwenden?
David Rutter: Also das Feature funktioniert so, dass der Spieler mit verschiedenen Tastendrücken, die KI über den Ball laufen lassen kann, um den Gegner zu verwirren. Wann der Spieler antreten soll, der den Freistoß letztendlich ausführt, liegt dann bei euch. Auch wie diese ausgeführt werden kann, liegt in eurer Hand. Natürlich gibt es immer noch die Möglichkeit den Freistoß ohne viel Drumherum auszuführen, aber ich denke, dass die meisten Spieler es lieben werden, diese unglaublich belohnenden Freistöße zu probieren. Wenn die reingehen, fühlt man sich fantastisch, es ist wirklich toll. Jedoch machen nur die wenigsten echten Fußballspieler sich so viel Mühe bei einem Freistoß.
Wir wollen auch nicht, dass die Tactical Free Kicks ein Teil des Angriffsystems sind, da auch die Verteidigung bei den Freistößen eine wichtige Rolle spielt. Man kann Spieler aus der Mauer lösen oder neue hinzufügen, auch den Sprung einer Mauer kann der Spieler nun selbst steuern. Aber bei mehreren Spielern, die vor den eigentlichen Schuss über den Ball rennen, weiß man nie so recht, wann der richtige Schuss kommen wird. Das führt dazu, das Angreifer und Verteidiger Katz und Maus spielen, in dem der Angreifer seine Schützen über den Ball rennen lässt, während der Verteidiger versucht im richtigen Moment einen Mann aus der Mauer laufen zu lassen. Diese Funktion hat uns in den vorherigen FIFA-Spielen ein wenig gefehlt.
iamgamer: Wird es Neuerungen im Ultimate Team, einer der beliebtesten Modi der FIFA-Reihe oder dem Online-Club-Modus geben? Spieler fordern bereits seit Jahren Änderungen im Spielerbonussystem oder eine Gesamtpunkteanzeige.
David Rutter: Wir sprechen momentan noch nicht über Ultimate Team, den Online-Club-Modus oder sonstige Online-Modi, tut mir leid.
iamgamer: Die FIFA-Community ist eine der größten der Welt. Mittlerweile gibt es selbst erstellte Turniere und mit der iFVPA bzw. FPC gibt es sogar eine Community, die virtuelle Welt- und Europameisterschaften ausführt. Bekommt ihr als Entwickler solche Dinge mit und, wie findet ihr diese Entwicklung, die in den letzten zwei Jahren enormen Zulauf erhalten hat?
David Rutter: Es ist wirklich überwältigend. Diese Community-Gruppen senden mir E-Mails und kontaktieren mich auch persönlich. Ich wünschte wirklich wir könnten noch mehr tun, um diese Spieler zu unterstützen. Dies ist aber leider nicht ganz so einfach, da wir andere Prioritäten mit dem Team haben, wie zum Beispiel die Verbesserungen im Gameplay oder andere Features, in die wir viel Zeit investieren. Nichtsdestotrotz macht es mich sehr glücklich, zu wissen, dass da draußen so viele Spieler sind, die unser Spiel mögen und Spaß daran haben. Das ist nämlich genau der Grund, wieso wir überhaupt FIFA entwickeln, um den Spielern eine Menge Spaß zu bieten.
iamgamer: Jedes Jahr aufs Neue, gibt es den Kampf um die Spitze des Genres zwischen PES und FIFA. Warum wird deiner Meinung nach FIFA die Meisterschaft verteidigen und wohin denkst du, wird sich das Genre in den nächsten Jahren entwickeln?
David Rutter: Ich bin mir nicht sicher, wie sich das Genre in den nächsten Jahren entwickeln wird. Wir haben zwar bereits ein paar Ideen für die folgenden FIFA-Spiele und was wir die nächsten Jahre machen wollen, jedoch müssen wir ja zuerst FIFA 13 veröffentlichen. Danach werden wir es uns wieder ansehen und über Neuerungen nachdenken. Natürlich werden wir auch viel Feedback entgegennehmen und einfach auch selbst schauen, wie gut sich das Spiel schlägt.
Was die Konkurrenz angeht, es ist immer schön, durch ein anderes Fußballvideospiel, einen Konkurrenten zu haben. Aber im Grunde konzentrieren wir uns einfach nur darauf unser Spiel zu veröffentlichen und dem Spieler zu zeigen, wie unvorhersehbar Fußball sein kann. Das war unsere Mission in diesem Jahr, was wir meiner Meinung nach brillant hinbekommen haben. Ich glaube auch, dass wir es geschafft haben, die Kreativität und Freiheit, die der Spieler beim Angreifen erfährt, einzufangen und in das Spiel einzubauen. Ich hoffe wirklich das unsere Fans viel Spaß mit FIFA 13 haben werden und die Herausforderung mögen werden, die die neuen Features mit sich bringen. Auch die Verbesserungen im Bereich der Zweikämpfe, wie zum Beispiel das 1st-Touch-Control-Feature, haben die Spielweise wirklich verändert, was dazu führt, dass die Spieler das Spiel teilweise neu erlernen müssen, auch wenn es im Kern immer noch FIFA ist. Ich hoffe, dass unsere Fans damit sehr viel Spaß haben werden.
iamgamer: Kommen wir nun zur letzten Frage. Welches Team wird deiner Meinung nach die Europameisterschaft gewinnen?
David Rutter: Das werde ich öfter gefragt. Ich glaube, dass man dieses Jahr sein Geld auf Spanien setzen, sollte. Ich wäre sehr verwundert, wenn sie es nicht schaffen sollten zu gewinnen. Aber auch Deutschland befindet sich in einer guten Form. Worauf ich mich aber nicht freue, sind die Spiele von England. Da habe ich ein schlechtes Gefühl. Aber naja, ich dachte auch Bayern München gewinnt die Champions League.
Für die volle Packung an Informationen zum Spiel werft ihr am besten zusätzlich zum Interview, noch einen Blick in unsere Vorschau zu FIFA 13.